Lassen Sie auch das Frühstück, die „wichtigste Mahlzeit des Tages“ ausfallen – oder jemand in der Familie? Behauptet wird, dass es gravierende negative Auswirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit und den Stoffwechsel hat. Aber stimmt das so pauschal?
Hier erfahren Sie, warum es wichtig ist, in diesem Zusammenhang den eigenen Chronotyp zu kennen. Denn es macht einen Unterschied, ob Sie eine früh aufstehende „Lerche“ oder eine später aufstehende „Nachteule“ sind.

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Frühstück: ja oder nein? – Was sagt die Chronotypen-Studie zu einem kohlenhydratreichen Start in den Tag?
  • Was bedeutet es, wenn das Frühstück nicht zum Chronotyp passt?
  • Empfehlungen für ein chronotyp-gerechtes Frühstück:
    Was passt für Frühaufsteher, wie sieht es für Spätaufsteher aus?

Kurz-Zusammenfassung

  • In Deutschland wird meist süß gefrühstückt. Die Kontrolle des Blutzuckerspiegels erfolgt nicht nur durch Insulin, sondern auch durch den „Schlafbotenstoff“ Melatonin.
  • Da Spätaufsteher einen höheren Melatoninspiegel am Morgen haben als Frühaufsteher, ist die Blutzuckerkontrolle schlechter und ein kohlenhydratreiches Frühstück hat besonders ungünstige Folgen.
  • Insbesondere Spätaufsteher sollten kohlenhydratreiche Frühstücke meiden.

Frühstück – ja oder nein?

In Deutschland ist das Frühstück meist süß statt herzhaft. Kohlenhydrate spielen in Form von Brot, Brötchen, Müsli, Porridge – oder auch mit einem Croissant von der Tankstelle – die Hauptrolle. Am Wochenende kommt dann oft noch ein frisch gepresster Fruchtsaft hinzu.

Das hat Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel – und damit auf die Gehirnleistung, Sättigung während des Vormittags, aber auch auf den Stoffwechsel: Je stärker der Blutzuckerspiegel ansteigt, desto höher das Risiko für Konzentrationsverlust, Lernschwierigkeiten, Heißhungerattacken – und letztlich auch für Übergewicht, Diabetes und Demenz.

Macht es einen Unterschied für die Blutzuckerkontrolle, ob man ein Frühaufsteher („Lerche“) oder Spätaufsteher („Eule“) ist?
Eine aktuelle Studie hat erhellende Ergebnisse zu bieten, welche Rolle der persönliche Chronotyp (Lerche oder Eule) spielt.

Die Studie zu Chronotyp und Frühstück

Was wurde untersucht?

Stutz et al. (2024) haben überprüft, ob der Blutzuckeranstieg nach einem kohlenhydratreichen Frühstück oder Abendessen unterschiedlich ausfällt, wenn sie von „Lerchen“ oder „Eulen“ gegessen werden, also abhängig vom Chronotyp.

Wer wurde untersucht?

45 gesunde Studentinnen und Studenten (18-25 Jahre; 58 % Frauen, 42 % Männer) einer Universität in Deutschland

Wie wurde untersucht?

  • Randomisierte, kontrollierte Crossover-Studie, in der die Teilnehmer zunächst drei Tage beobachtet wurden und dann vier Tage lang eine standardisierte Diät erhielten, bei der alle Mahlzeiten bereitgestellt wurden und jede Mahlzeit zu einer vorher festgelegten Zeit eingenommen werden musste.
  • An den Tagen 4 und 6 nahmen die Teilnehmer entweder morgens (7 Uhr) oder abends (20 Uhr) eine Mahlzeit mit hohem glykämischen Index von 72 (d.h. kohlenhydratreich) zu sich. Alle anderen Mahlzeiten hatten einen niedrigen bis mittleren glykämischen Index zwischen 46-59.
  • Der Blutzuckeranstieg wurde im Standard-Zeitraum von 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme mit einem kontinuierlichen Glukosemessgerät gemessen und auch für 24 Stunden dokumentiert.
  • Der Chronotyp der Teilnehmer wurde anhand des Münchner Chronotyp-Fragebogens ermittelt, und es wurden getrennte Analysen für Teilnehmer mit frühem und spätem Chronotyp durchgeführt.

Das Ergebnis der Frühstücks-Studie

Grundsätzlich gilt, egal, ob am Morgen oder Abend, ob Lerche oder Eule: Die Zufuhr von hohen Kohlenhydratmengen führt grundsätzlich zu einem starken Blutzuckeranstieg.

ABER das Ausmaß des Blutzuckeranstiegs unterscheidet sich, abhängig vom Chronotyp – und bei Lerchen auch abhängig von der Uhrzeit:

  • Frühaufsteher („Lerchen“) haben einen niedrigeren Blutzuckeranstieg am Morgen im Vergleich zur gleichen Menge Kohlenhydrate am Abend.
    Der daraus ableitbare Praxistipp: Mahlzeiten mit hohem Kohlenhydrat-Anteil sollten Lerchen eher morgens verzehren und abends reduzieren.
  • Spätaufsteher („Eulen“) reagieren sowohl morgens als auch abends mit einem langanhaltend hohen Blutzuckeranstieg.
    Der daraus ableitbare Praxistipp:
    Spätaufsteher profitieren von kohlenhydratreduzierten Mahlzeiten, sowohl beim Frühstück als auch beim Abendessen.

Welche Erklärung gibt es für die Chronotyp-Unterschiede?

Der Blutzucker wird im Wesentlichen durch das Hormon Insulin reguliert.
Der Blutzucker wird aber auch durch das Schlafhormon Melatonin gesteuert:

Je höher der Melatoninspiegel, desto schlechter ist die Blutzuckerkontrolle.

Der Melatoninspiegel hat einen typischen Tag-Nacht-Rhythmus: Melatonin steigt in den letzten Stunden vor dem Schlafengehen an und ermöglicht so das Einschlafen. Gegen Morgen und in den ersten Stunden nach dem Aufstehen sinkt der Melatoninspiegel stark ab.

Für unterschiedliche Chronotypen ergibt sich eine zeitlich verschobene Rhythmik: Während bei den Frühaufstehern das Melatonin morgens weitgehend abgebaut ist, haben die Spätaufsteher (die noch im „Schlafmodus“ sind) noch einen deutlich höheren Melatoninspiegel. Die Konsequenz: Kohlenhydrate zum Frühstück halten den Blutzuckerspiegel viel länger in einem oberen Bereich.

Das wurde auch in der Studie von Stutz et al. 2024 gemessen: Zum Zeitpunkt des Frühstücks um 7:00 Uhr hatten

  • Frühaufsteher einen Melatoninspiegel von 27,4 ng/l
    und einen erhöhten Blutzuckerspiegel nach dem Kohlenhydrat-Frühstück
  • Spätaufsteher einen Melatoninspiegel von 36,0 ng/l
    und einen deutlich länger erhöhten Blutzuckerspiegel nach dem Kohlenhydrat-Frühstück als die Frühaufsteher

Innere Uhren verstehen

Die Arbeit unserer Stoffwechselorgane folgt einem Biorhythmus. Dieser wird durch zwei Faktoren reguliert:

  • Eine zentrale „Uhr“ im Gehirn (SCN), die durch das Tageslicht den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers steuert
  • Periphere Uhren in den Zellen der Organe. Sie werden auch durch das Tageslicht gesteuert, der größere Einfluss ist jedoch die Nahrungsaufnahme. Sie wirkt sich fast ausschließlich auf die Körperzelluhren aus und nur gering bis gar nicht auf die zentrale Uhr.
    Die Körperzelluhren haben für die einzelnen Organe unterschiedliche „Hoch-“ und „Tief-„Zeiten. Nahezu alle Stoffwechselprozesse, auch die Blutzuckerregulierung, werden im täglichen Auf und Ab gesteuert, in einem jeweils typischen 24-Stunden-Rhythmus (manchmal ist der Rhythmus auch etwas länger oder kürzer).

Für eine optimale Stoffwechselgesundheit sollten die Rhythmen der zentralen Uhr und der peripheren Uhren möglichst gut übereinstimmen.

Wenn die Nahrungsaufnahme nicht zum Biorhythmus der zentralen Uhr pass, kann es dazu führen, dass die beiden Uhrensysteme nicht mehr synchron laufen. Dies wird als „zirkadianer Versatz“ bezeichnet.

Dies kann den Stoffwechsel stören – und das Risiko für Stoffwechselerkrankungen ist dadurch erhöht.

Wenn das Frühstück nicht zum Biorhythmus passt: Was bedeutet das für die Gesundheit?

Steht eine „Eule“ früh auf, ist der Melatoninspiegel noch relativ hoch, da sich dieser „Spättyp“ noch in einer inneren Schlafphase befindet. Ein hoher Melatoninspiegel führt bei einem kohlenhydratreichen Frühstück zu einer besonders langen Phase mit hohem Blutzucker.

Auch interessant zu wissen: Morgens nehmen nicht nur Muskelzellen sondern auch Fettzellen Glukose aus dem Blutzucker besser auf – das birgt die Gefahr der Gewichtszunahme.

Damit wird bei Spätaufstehern das Gegenteil von dem erreicht, was ein „gesundes Frühstück“ bewirken soll: Lang anhaltende Blutzuckerspitzen, die die Nervenzellen im Gedächtniszentrum des Gehirns in ihrer Funktion stören, ein höheres Risiko für Gewichtszunahme, Gefahr des Unterzuckers nach hohen Blutzuckerspitzen – verbunden mit vermehrten Heißhungergefühlen, Konzentrationsproblemen, mehr Aggressivität und schlechter Laune.

Empfehlungen für ein Chronotypen-gerechtes Frühstück

1 | Spätaufsteher („Eulen“) sind bei einem frühen Frühstück noch im „Schlafmodus“ und haben noch einen relativ hohen Melatoninspiegel.
Sofern sie deshalb keinen Frühstückshunger spüren, ist es völlig ok, zu einem späteren Zeitpunkt die erste Mahlzeit des Tages zu sich zu nehmen.

2 | Da kohlenhydratreiche Frühstücke bei allen Chronotypen zu einem starken Blutzuckeranstieg führen, profitieren sowohl Früh- als auch Spätaufsteher von einem proteinreichen statt kohlenhydratreichen Frühstück.
Es hält den Blutzuckerspiegel konstant und liefert die essenziellen Nährstoffe für die Gehirnbotenstoffe, die Konzentration und Lernleistung fördern. Insbesondere die späten Chronotypen haben davon einen Vorteil.

Tipps für ein proteinreiches Frühstück:

    • Rührei, auch mit Paprikastücken, Kräutern oder Pilzen ergänzt
    • Wrap aus eibasiertem Teig – darin kann auch Spinat, Rote Bete oder ähnliches eingearbeitet sein und so den Gemüseanteil in der Ernährung erhöhen
    • Schinken, Geflügelaufschnitt oder Käse auf einem Nuss- und/oder Saatenbasierten Brot ohne Getreidemehl
    • Naturjoghurt oder griechischer Joghurt mit einem kleinen Klecks Honig und ein paar Nüssen oder Samen, auch die Kombination mit einem Beerenkompott oder frischen Beeren ist günstig

3 | Sofern späte Chronotypen ein kohlenhydratreiches Frühstück zu sich nehmen wollen, sollten sie dieses auf eine spätere Uhrzeit verschieben. Da viele „Eulen“ ohnehin später Frühstücksappetit bekommen als „Lerchen“, brauchen sie nur dafür zu sorgen, dass sie einen passenden Happen griffbereit haben, wenn zu einem späteren Zeitpunkt der Hunger kommt.

4 | Bonus-Tipp: Frühaufsteher („Lerchen“) profitieren laut der Studie von Stutz et al. 2024 davon, wenn sie kohlenhydratreiche Mahlzeiten eher am Morgen als am Abend zu sich nehmen.

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DagnyWalter, 2019. Pixabay Lizenz

Vielleicht bringen diese Studienerkenntnisse etwas mehr Ruhe in die familiären Frühstücks-Grabenkämpfe am frühen Morgen, wenn jemand kein Frühstück möchte oder lieber Joghurt statt Brot.
Auch die Leistungskraft und Gesundheit können von einem chronotypgerechten Frühstück profitieren.

Probieren Sie unter diesem Aspekt einmal aus, ob kein Frühstück, ein kohlenhydratreiches oder ein proteinreiches Frühstück für Sie individuell am besten funktioniert.

In diesem Sinne: Viel Genuss, einen entspannten Tagesstart und beste NervenPower!

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