Immer mehr rückt der Faktor „Zeit“ bei der Ernährung ins Forschungsinteresse. Beispiel Intervallfasten: Man kann Gewicht reduzieren, ohne die Nährstoffaufnahme zu verändern. Ausschließlich durch einhalten eines ausreichend langen Zeitfensters, in dem keinerlei Nahrung aufgenommen wird.

Der Faktor Zeit bzw. Uhrzeit spielt auch für die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns eine wichtige Rolle: Ein Frühaufsteher/Frühschläfer (Chronotypus „Lerche“) kann morgens schneller arbeiten als ein Spätaufsteher/Spätschläfer (Chronotypus „Eule“) – dafür hat die „Eule“ am Nachmittag die Nase vorn.

Diese Beispiele zeigen, dass interessante Effekte entstehen können, wenn wir den Faktor „Zeit“ in unserer Nahrungsaufnahme und für unsere Leistungsfähigkeit beachten und kombinieren.

Was liegt näher, als in einem Experiment zu testen, ob beispielsweise das Trinken von Kaffee zu bestimmten Uhrzeiten oder in einer bestimmten Reihenfolge einen Effekt auf die Gehirnleistung hat?

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Was mit Ihrer Gehirnleistung geschehen kann, wenn Sie den Zeitpunkt des Espresso-Trinkens verändern
  • Welche Tipps es für die Zubereitung des perfekten Espressos gibt
  • Wie Sie mit einem Espresso Gehirndoping betreiben können
  • Wie viel Koffein in Kaffee, Espresso, Tee und Schokolade steckt und wie viel Koffein als unbedenklich gilt

Das Espresso-Experiment: Ein persönlicher Erfahrungsbericht

Ausgangssituation

Foto: Pexels

Ich bin eine „Eule“ (Spätaufsteher, Langaufbleiber) und habe einen normalen bis niedrigen Blutdruck. Kein Wunder, dass ich morgens eher langsam in die Gänge komme…

Seit Jahrzehnten trinke ich morgens in Ruhe meinen Tee, werde allmählich wach und habe das erste Leistungshoch im Gehirn ca. 2 Stunden nach dem Aufstehen.

Nach dem Morgenjogging gönne ich mir einen Espresso – zumindest in den letzten beiden Jahren, seit ich regelmäßig laufe. Dann bin ich bester Laune, wach und kann – mental – Bäume ausreißen.

Check: Ihre Ausgangssituation

  • Kennen Sie Ihren Chronotyp: Eher Lerche oder Eule?
  • Kennen Sie Ihren Blutdruck: normal, eher hoch/niedrig oder Bluthochdruck?
  • Kennen Sie die Uhrzeit für Ihre erste geistige Hochphase am Tag: Ganz früh morgens, morgens, im Lauf des Vormittags oder noch später?

Anlass für das Experiment

Das Buch „Mit Vergnügen“ von Birgit Faschinger-Reitsam (und der Grafikerin Sabine Paul, einer Namensvetterin) hat mich inspiriert, die Fragen des Buchs aufzugreifen. Darunter eine für mich aktuell sehr spannende:
„Wie geht das noch besser?“ – oder dazu passend: „Was will ich stattdessen?“

Diese Frage(n) wende ich gerade mit besonderem Vergnügen :-) bei „eingefahrenen“ Gewohnheiten an. Daraus stellten sich für den Tagesbeginn und meine Gehirnleistung die Fragen:

  • Wie geht das Wachwerden am Morgen noch besser?
  • Was will ich statt der bisherigen Abläufe ausprobieren?

Die Antwort: Die Reihenfolge der Getränke ändern.
Das klingt unspektakulär? Für mich war die Wirkung unerwartet und sehr spektakulär….

Ihr Check „Tagesstart“: Wenn Sie an Ihren Tagesstart denken:

  • Wie geht das noch besser?
  • Was wollen Sie stattdessen (ausprobieren)?

Ablauf des Espresso-Experiments und Effekt

Ohne große Erwartung habe ich etwas gemacht, von dem sonst eher abgeraten wird: Recht zügig nach dem Aufstehen gab es gleich einen Espresso statt dem sonst üblichen Tee. Ohne Frühstück, auf nüchternen Magen (ich frühstücke so gut wie nie).

Zur besseren Magenverträglichkeit füge ich dem frisch gemahlenen Kaffeemehl Kardamom, ebenfalls gemahlen oder gemörsert, zu. Nach dem Espresso folgte dann der übliche Tee. Im Überblick:

  • Bisher: Aufstehen – Tee – Joggen – Espresso mit Kardamom
  • Neu: Aufstehen – Espresso mit Kardamom – Tee – Joggen

Der erstaunliche Effekt

Foto: palau83, www.fotolia.com

Obwohl nur die Reihenfolge der Getränke verändert wurde,

  • bin ich nun morgens bereits nach 30 Minuten statt nach 2 Stunden hellwach.
  • Diese gesteigerte Wachheit hält durch den Tag an.
    Ohne die Kaffee- oder Teemenge, die ich sonst trinke, erhöht zu haben.
  • Ich trinke meist sogar weniger Koffeinhaltiges.

Was sagt die Forschung dazu? – Bislang wenig, aber Interessantes.
Eine Studie (Souissi 2019) untersuchte den Unterschied von Koffein im Vergleich mit keinem Koffein (Placebo) bei jungen Männern in Bezug auf Aufmerksamkeit, Reaktionsschnelligkeit und körperliche Leistungskraft
(15 Personen, randomisiert, doppel-blind, crossover; 6 mg Koffein/kg Körpergewicht; körperliche Leistungskraft mit 5-Meter-Shuttle Runs; Testzeiten: 7:00, 9:00, 11:00, 13:00, 15:00, 17:00 Uhr). Dabei zeigt sich:

  • Es gibt einen deutlichen Tagesrhythmus in der geistigen Leistungskraft mit
    • Leistungshochs, sowohl bei Placebo als auch mit Koffein um 11 und 17 Uhr und
    • Tiefpunkten um 7 und 13 Uhr.
    • Die körperliche Leistungskraft war um 17 Uhr am besten und um 7 Uhr am schlechtesten.
  • Verglichen mit Placebo verbessert Koffein die geistige und körperliche Leistungskraft zu jeder Uhrzeit –
    aber am besten in den Zeiten der geistigen oder körperlichen Tiefzeiten
    (Souissi 2019).

Diese Studie unterstreicht, dass der auf eine Zeit mit geringer Leistungskraft vorgezogene Espresso tatsächlich die geistige Leistungskraft besonders stärken kann.

Ihr Check “Mein Effekt”: Wenn Sie auch etwas an Ihrem Morgenablauf verändert haben:

  • Was ist der Effekt Ihres Experiments?

Mein Fazit zum Espresso-Experiment

Foto: 58430903, www.fotolia.com

Die Leistungskraft unseres Körpers, insbesondere des Gehirns, hängt von mehr als der Nährstoffversorgung ab. Auch der Zeitpunkt der Zufuhr oder die Reihenfolge der aufgenommenen Getränke oder Speisen können einen entscheidenden Unterschied machen.

Gewohnheiten und Effekte bei Gewohnheitsänderungen sind individuell verschieden. Es kann sich sehr lohnen an „kleinen“ Stellschrauben versuchsweise zu drehen und zu beobachten, was geschieht.

Probieren Sie es selbst einmal aus!
Und wenn Sie etwas Interessantes dabei herausfinden: Lassen Sie es mich gerne wissen.

Tipps: So gelingt der perfekte Espresso

Vor einiger Zeit habe ich an einem Espresso-Seminar teilgenommen. Die Seminarleiterin verkündete gleich zu Beginn, dass niemand den Raum verlassen würde, der nicht in der Lage ist, den perfekten Espresso aus der Maschine zu lassen: aromatisch, weder sauer oder außergewöhnlich bitter, mit sämiger Crema und einem „Tigermuster“ darauf.

Nach dem Üben und Genießen vor Ort und mit etwas Hintergrundwissen versehen, war es dann tatsächlich möglich, den „perfekten“ Espresso zu kreieren.

Die Stellschrauben für einen optimalen Espresso

  • Frisch gemahlene Espressobohnen verwenden – eine gute Mühle mit Stahl- statt Keramik-Mahlscheiben ist empfehlenswert.
  • Robusta-Bohnen erzeugen grundsätzlich eine dickere Crema als Arabica-Bohnen.
  • Mahlgrad auf die Espressomaschine anpassen – das ist ein wenig Justierarbeit, die man von Espresso zu Espresso immer weiter verfeinern kann.
  • Das Andrücken des Kaffeemehls im Siebträger bestimmt, wie schnell das Wasser durchläuft und ob eine gute Crema entsteht – auch das kann man mit jeder Tasse Espresso verfeinern.
  • Optimale Durchlaufzeit: nach 25, maximal 30 Sekunden sollte der Espresso in der Tasse sein.

Trouble Shooting: Wenn der Espresso nicht schmeckt

Der Espresso schmeckt… zu sauer zu bitter
Kaffeebohnen Fehler in der Bohne (“sour bean”). Manchmal schleichen sich defekte Kaffeebohnen in eine Tüte ein. Probieren Sie eine neue Packung. Anteil an Robusta-Bohnen zu hoch. Reduzieren Sie den Anteil der Robusta-Bohnen bzw. erhöhen Sie den Anteil der Arabica-Bohnen.
Röstung Zu hell geröstet. Probieren Sie eine dunklere Röstung aus. Zu stark geröstet. Das kommt auch bei der industriellen Schock-Röstung vor. Probieren Sie eine hellere Röstung aus oder Kaffeebohnen aus einer Manufaktur, die schonend röstet.
Brühzeit Das Wasser ist zu schnell durchgelaufen, d.h. das Kaffeemehl war nicht ausreichend festgedrückt. Erhöhen Sie den Anpressdruck. Das Wasser ist zu langsam durchgelaufen, d.h. das Kaffeemehl war zu fest angedrückt. Verringern Sie den Anpressdruck.
Mahlgrad Zu grob. Mahlen Sie die Bohnen feiner. Zu fein. Mahlen Sie die Bohnen ein wenig grober.
Brühdruck Zu gering (4-6 bar). Falls möglich: Erhöhen Sie den Brühdruck der Siebträgermaschine.
Wassertemperatur Zu niedrig. Ideale Temperatur: 94°C. Zu hoch. Ab 96°C schmeckt der Espresso bitter.
Verhältnis Wasser zu Espresso-Pulver Zu wenig Espressopulver. Empfehlung: 7 g pro Tasse.
Wasserhärte Zu hart. Nutzen Sie Wasser aus einem Wasserfilter.
Reinigung Nicht mehr gut gereinigt. Espresso-Maschine reinigen.

Gehirndoping mit Espresso

Foto: Sabine Paul

Gehirnleistungssteigernd kann man dem Espresso noch Gewürze zufügen – entweder direkt zum Kaffeemehl (wie es bei ayurvedischen oder arabischen Kaffees üblich ist), auf dem Boden der Espressotasse bevor der Espresso hineinläuft oder als „Topping“ auf den fertigen Espresso.

  • Kardamompulver: reduziert Stress, macht den Kaffee/Espresso verträglicher für den Magen
  • Ceylon-Zimtpulver: fördert die Konzentrationsfähigkeit
  • Chilipulver: fördert die Konzentrationsfähigkeit

Tipp: Zimt lässt den Espresso süßer schmecken. Lassen Sie den Zucker im Espresso weg, denn „Zucker zerfrisst das Gedächtnis“ (hier können Sie den Artikel lesen).

Wie viel Koffein steckt in einem Kaffee, Espresso oder Tee?

Exakt lässt sich das nicht sagen, denn der Koffeingehalt in der Tasse ist abhängig von:

  • Art der Kaffeebohne oder Teesorte (hoher Einfluss): abhängig von den Sorten und Wachstums-, Ernte- und Verarbeitungsbedingungen kann der Ausgangskoffeingehalt sehr unterschiedlich sein.
  • Wassertemperatur (sehr hoher Einfluss): Da Koffein schlecht wasserlöslich ist, gelangt das Koffein aus dem Kaffeemehl oder den Teeblättern abhängig von der Wassertemperatur ins Getränk: je heißer, desto mehr Koffein löst sich und ist später im Kaffee, Espresso oder Tee zu finden.
  • Ziehzeit (geringer Einfluss): im Vergleich mit den anderen Punkten hat die Ziehzeit eher einen geringen Einfluss. So ist in einem „Cold Brew“, d.h. Aufguss mit kaltem Wasser, obwohl er über Nacht zieht, kaum Koffein enthalten, da die Wassertemperatur zu gering ist, um viel Koffein aus dem Kaffeemehl zu lösen.
  • Volumen des Portion: Je nach Restaurant, Land, Hersteller kann eine Tasse Kaffee 150 oder 200 ml haben, ein Espresso 30 oder 60 ml, eine Tasse Tee 150, 200 oder 220 ml,… Entsprechend unterschiedlich ist die enthaltene Koffeinmenge.

Für einen typischen Espresso von 30 ml werden meist 40 mg Koffein angegeben.

Wie viel Koffein ist gesund?

Foto: metrue, www.fotolia.com

Auch hier gibt es nicht eine Antwort für alle. Für Schwangere und Stillende gelten andere Werte als für „normal Gesunde“. Auch die Geschwindigkeit des Abbaus von Koffein ist abhängig den Enzymvarianten, die wir jeweils individuell in der Leber aktiv haben.

Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat folgenden Richtwert heraus gegeben: Eine über den gesamten Tag verteilte Koffeinaufnahme aus allen Quellen von bis zu 400 mg pro Tag (etwa 5,7 mg/kg Körpergewicht pro Tag) ist für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung unbedenklich, ausgenommen Schwangere.

Nehmen Sie außer Espresso keine anderen koffeinhaltigen Getränke oder Speisen (z.B Schokolade) zu sich, könnten Sie nach diesem Richtwert 10 Espressi à 30 ml trinken. Ob das wirklich unbedenklich ist?

Zumindest scheint mehr Kaffee am Tag möglich zu sein, als meist gedacht wird. Lassen Sie ihn sich schmecken.
Und wer weiß: Wenn Sie den für Sie optimalen Zeitpunkt für das Espresso- oder Kaffeetrinken gefunden haben, kommen Sie möglicherweise mit weniger aus als bislang, um wach und konzentriert zu sein. Aus Genussgründen kann’s dann ja immer noch eine Portion extra sein.

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Foto: Sabine Paul

In diesem Artikel zu den „entscheidenden 5 Minuten für mehr Gehirnleistung“ erfahren Sie:

  • In welchen Situationen ein Gehirn-Warm-up etwas bringt
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