Nüsse sind Brainfood pur, beliebt in Rezepten für die glutenfreie Küche und Basis vieler vegetarischer oder veganer Rezepte. Häufig wird empfohlen, Nüsse vor dem Verzehr einzuweichen und durch Keimen zu „aktivieren“, damit sie besser verträglich sind und Antinährstoffe entfernt werden.

Einweichen ist wichtig bei Getreidesamen und Hülsenfrüchten, um sie genießbar und verträglich zu machen (siehe Brainfood-Praxis: Linsen). Aber ist diese Praxis bei Nüssen wirklich notwendig – oder vielleicht sogar kontraproduktiv?

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Warum sind Nüsse Brainfood?
  • Nüsse und Antinährstoffe: Argumente für das Einweichen
  • Einweichen von Nüssen: Kaum Effekte?
  • Wann macht das Einweichen von Nüssen dennoch Sinn?

1. Warum sind Nüsse Brainfood?

Nüsse erfüllen alle NervenPower-Kriterien für Brainfood:

  1. Essenzielle Nährstoffe für Neurotransmitter: Nüsse enthalten Proteine, Vitamine und Mineralstoffe, die für die Bildung von Gehirnbotenstoffen benötigt werden und die der Körper nicht selbst bilden kann (mehr dazu in Brainfood 1).
  2. Blutzuckerspiegel bleibt stabil: Nüsse haben einen relativ geringen Kohlenhydratanteil von 4-15 g Kohlenhydraten je 100 Gramm (Paranüsse, Macadamia, Pekannuss, Kokosnuss, Mandel, Haselnuss, Walnuss, Pistazie). Nur Cashewkerne und Erdmandel liegen zwischen 30-40 g Kohlenhydraten – im Vergleich mit Getreide (60-70 g pro 100 Gramm) ist aber selbst dieser Wert gering. Damit bleibt der Blutzucker im optimalen Bereich (Warum dies wichtig ist, erfahren Sie in Brainfood 2)
  3. Pflege des „zweiten Gehirns“: Das „Bauchhirn“ besteht aus einem Nervenzellgeflecht rund um den Magen-Darm-Trakt und interagiert mit den Darmbakterien. Das „Bauchhirn“ steht in unmittelbarer Verbindung mit dem Gehirn. Eine gute Pflege des zweiten Gehirns, z.B. durch Ballaststoffe, die günstige Darmbakterien im Wachstum fördern, ist daher von besonderer Bedeutung für die Gehirnfunktionen. Nüsse enthalten solche Ballaststoffe.
  4. Glutenfrei: Gluten stört nicht nur die Darmbarriere und das Immunsystem, sondern auch Gehirnfunktionen (mehr dazu in Brainfood 3). Glutenfreiheit ist daher eine wichtige Voraussetzung, damit ein Nahrungsmittel echtes Brainfood ist. Nüsse sind von Natur aus glutenfrei.

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2. Nüsse und „Antinährstoffe“: Argumente für das Einweichen von Nüssen?

Antinährstoffe: Was ist das?

Nüsse sind, wie Getreide und Hülsenfrüchte, Pflanzensamen. Sie dienen der Fortpflanzung einer Pflanze.
Samen enthalten Stoffe, die sie vor dem vorzeitigem Keimen und vor Fressfeinden schützen. Diese Stoffe werden oft „Antinährstoffe“ genannt, da sie auch auf den menschlichen Körper negativ wirken können.

Inzwischen ist jedoch bekannt, dass „Antinährstoffe“ auch positive Eigenschaften für die menschliche Gesundheit haben. Es geht daher eher darum, solche „Antinährstoffe“ zu reduzieren und in einen optimalen Bereich zu bringen – ein restloses Entfernen ist nicht notwendig und wünschenswert.

Samen enthalten meist mehrere der folgenden „Antinährstoffe“:

  • Phytinsäure
  • Trypsininhibitoren
  • Lektine
  • Saponine
  • Oxalsäure
  • Tannine

Nüsse haben im Vergleich zu Getreidesamen und Hülsenfrüchten einen hohen Anteil an Phytinsäure (Schlemmer 2009), darum wird oft das Einweichen von Nüssen empfohlen.

Schlemmer et al. 2009
Phytinsäure-Gehalt
Hauptvorkommen
Hülsenfrüchte Bis 3% des Trockengewichts Proteinkern des Endosperms oder Kotyledonen: bis zu 90%
Getreide

(Weizen, Reis etc.)

Bis 3,4% des Trockengewichts 80% in Aleuron-Schicht;

1-8% im Keim
(Endosperm fast frei von P.)
Ölsaaten

(Sonnenblumenkerne, Sesam, Leinsamen, Raps etc.)

Bis 11% des Trockengewichts
Nüsse
(Haselnuss, Walnuss, Mandel, Cashew, Paranuss etc.)
Bis 10% des Trockengewichts

Foto: Pixabay

Einweichen kann bei Getreide und Hülsenfrüchten die Phytinsäuremenge und auch Trypsininhibitoren deutlich reduzieren. Aber wie sieht es mit dem Einweicheffekten bei Nüssen aus?

3. Einweichen von Nüssen: Keine vorteilhaften Effekte… im Gegenteil!

Die Studienergebnisse bezüglich Einweichen und Keimen von Nüssen sind – im Gegensatz zu Hülsenfrüchten und Getreide – sehr ernüchternd.

Einweichen von Nüssen: Kein vorteilhafter Effekt

  • Einweichen mit Salzwasser oder ungesalzenem Wasser für 4-12 oder 15 Stunden kann den Phytinsäuregehalt in ganzen Nüssen (Mandeln, Haselnüsse, Erdnüsse, Walnüsse, Cashews) nicht verringern.
    Bei zerkleinerten Nüssen ist der Einweich-Effekt nur minimal (z.B. 10% bei Haselnüssen, die ohnehin nur einen geringen Phytinsäureanteil haben) (Loke 2016).
  • Es gibt Nüsse, bei denen durch Einweichen der Phytinsäuregehalt sogar um ca. 10% ansteigt.
  • Durch das Einweichen verringert sich der Mineralstoffgehalt (Calcium, Eisen, Magnesium, Phosphor, Kalium, Zink), insbesondere bei gehackten Nüssen bzw. Bruchstücken von Nüssen. Auch die Zugabe von Salz ins Einweichwasser oder die Verlängerung der Einweichzeit verbessert diese Ergebnisse nicht (Kumari 2018; Kumari 2020).
  • Einweichen über mehr als 12 Stunden bei Raumtemperatur von 22°C kann die Vermehrung von potenziell krankheitserregenden Bakterien wie Salmonellen, Listerien oder enteropathogenen E. coli fördern (Liebermann 2023)
  • In einer 8-wöchigen klinischen Studie wurde die Wirkung von Einweichen auf die Verdaulichkeit von Mandeln untersucht, denn Mandeln haben einen hohen Phytinsäuregehalt. Aber anders als erwartet, sorgten eingeweichte Mandeln sogar für mehr Blähungen als nicht eingeweichte Mandeln (Taylor 2017).

Foto: Sabine Paul

Keimen von Nüssen: keine brauchbare Methode

Durch Einweichen kann oft der Keimprozess in Gang gesetzt werden. Dies macht man sich zum Beispiel bei Sprossen und Microgreens zu Nutze. In früheren Zeiten waren gekeimte Saaten vor allem im Winter willkommen, um den Nährstoffgehalt in der Nahrung zu erhöhen.

Das Keimen eines Samens setzt den Abbau einiger Antinährstoffe in Gang, damit die blockierten Prozesse starten und den Keimling mit den benötigten Nährstoffen versorgen können. Dies sorgt auch für eine Neubildung von Vitaminen.

Keimen entfernt grundsätzlich zwei der „Antinährstoffe“:

  • Phytinsäure
  • Trypsininhibitoren

Es gibt jedoch Besonderheiten bei Nüssen:

  • Einheimische Nüsse wie Walnüsse und Haselnüsse sind Kaltkeimer, d.h. sie keimen nur, wenn ein wochenlanger Kältereiz (Kälteperiode, Frost) voran gegangen sind. Sie müssten also vor dem Einweichen ca. 12 Wochen im Tiefkühler oder Kühlschrank liegen
  • Beschädigte oder zerkleinerte Nüsse können nicht mehr keimen, d.h.
    • geschälte Nüsse, da sie beim Schälprozess oft geschädigt werden,
    • auch Walnusshälften, Cashewbruch sind nicht mehr keimfähig
  • Erhitzte Nüsse, wie häufig im Handel angeboten, sind ebenfalls nicht mehr keimfähig (Ausnahme: Rohkost-Qualität)

Fazit: Nur intakte Nüsse in Rohkostqualität, die keine Kaltkeimer sind, können keimen.

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Aufgepasst: Nuss-Allergien und das Einweichen

Nüsse können Allergien hervorrufen. Dafür verantwortlich sind meist bestimmte Proteine. Sie werden durch das Einweichen NICHT entfernt.

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4. Ist Phytinsäure wirklich schädlich? – Zwei Seiten eines „Antinährstoffs“

Was sind Phytinsäure und Phytat?

Phytinsäure ist ein phosphathaltiger Pflanzeninhaltsstoff und im Pflanzenreich weit verbreitet. Sie ist stark negativ geladen (in dieser Form wird sie als Anion „Phytat“ genannt) und bindet daher positiv geladene Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium, Calcium, Eisen, Zink und Spurenelemente wie Mangan und Barium. Durch diese komplexbildende Eigenschaft dient Phytinsäure den Pflanzensamen als Speicher für Mineralstoffe.

Während der Keimung wird die Phytinsäure hydrolysiert, das heißt durch das Enzym Phytase aufgelöst, die gebundenen Mineralstoffe werden so für die wachsende Pflanze, den Keimling, verfügbar (Schlemmer 2009).

Phytinsäurereiche Nahrungsmittel werden in fast allen Kulturen gegessen. Die Aufnahme beträgt in den Industrieländern geschätzt 2,6-10,3 Gramm pro Tag, global zwischen 0,18-4,57 Gramm pro Tag. Je pflanzenhaltiger die Ernährung ist, desto größer ist tendenziell der Phytinsäureanteil.

Phytinsäure: Antinährstoff oder Schutzmolekül?

Über Jahrzehnte hinweg wurde Phytinsäure als ein „Antinährstoff“ betrachtet, da während der Magen-Darm-Passage die Aufnahme von Mineralstoffen und essenziellen Spurenelementen gestört werden kann. In der Folge können beispielsweise Calcium-, Eisen- und/oder Zinkmangel auftreten.

Der Fokus lag daher darauf, möglichst viel Phytinsäure aus den Nahrungsmitteln zu entfernen, um einen Mineralstoffmangel zu vermeiden.
Phytinsäure ist weitgehend hitzestabil, das heißt Kochen zerstört sie nicht.
Aber durch Aktivierung der Phytase, einem Enzym, das Phytinsäure abbaut, wird der Phytinsäuregehalt reduziert. Dies geschieht beim Keimen der Samen. Auch Einweichen kann Phytinsäure in einigen Lebensmitteln entfernen.

In den letzten 35 Jahren wurden auch positive Eigenschaften der Phytinsäure entdeckt (Schlemmer 2009; Pires 2023; Sanchis 2023):

  • antioxidative Wirkung,
  • tumorhemmende Effekte (z.B. bei Tumorzellen von Haut, Lunge, Leber, Brust, Prostata)
  • verhindern von Calciumsalz-Kristallisation und Schutz vor Nierensteinen, Verkalkung von Aorta/Herz, Zahn-Plaque
  • auch der Schutz vor Osteoporose ist beschrieben
  • eine weitere günstige Eigenschaft ist der verringerte Abbau von Stärke zu Zucker, so dass der Blutzuckerspiegel wesentlich langsamer ansteigt (geringerer Glykämischer Index), auch der Langzeitblutzucker (HbA1c) profitiert
  • weniger Harnsäurebildung (Gicht)
  • auch auf die Cholesterinwerte wirkt sich Phytinsäure günstig aus
  • bei Brustkrebs: weniger Nebenwirkungen bei Chemotherapie, bessere Lebensqualität

Die Wirkung von Phytinsäure ist also ambivalent. Je nach Ernährungsform und Gesundheitsproblematik kann sie ein „Antinährstoff“ oder ein „Schutzstoff“ sein.

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Unter welchen Bedingungen sind die mineralstoffbindenden Eigenschaften der Phytinsäure ein Problem?

  • Bei Mangelernährung, zum Beispiel in Entwicklungsländern mit Eisen- und Zinkmangel – vor allem durch geringe Fleischaufnahme
  • Bei stark pflanzenbasierter Ernährung: vegan, vegetarisch mit hohem Anteil an Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen und Saaten
  • In Industrieländern bei Personen mit Zink- und/oder Eisenmangel (Frauen, Schwangere, Stillende sind oft betroffen)

In diesen Fällen kann durch folgende Maßnahmen eine Verbesserung erreicht werden:

  • eine verbesserte Versorgung mit Nahrungsmitteln, die reich an Eisen, Zink, Magnesium, Calcium sind: Fleisch/Innereien (Eisen, Zink) sowie dunkelgrüne Gemüse (Magnesium, Calcium)
  • Phytinsäure aus Getreide und Hülsenfrüchten kann durch Einweichen stark reduziert werden – aus Nüssen jedoch nicht. Daher sollte bei Nährstoffmangel der Nussverzehr reduziert werden – außer Haselnüssen und Pinienkernen, die einen sehr geringen Phytinsäuregehalt haben.
  • Schließlich können auch Nahrungsergänzungsmittel bei einem diagnostizierten Nährstoffmangel ausgleichend eingesetzt werden.

Wann sind die mineralstoffbindenden Eigenschaften der Phytinsäure KEIN Problem?

  • Bei einer ausgewogenen Ernährung (Mischkost, nährstoffreiche Ernährung – keine/kaum industriell verarbeitete Nahrungsmittel)

Wann sind die positiven Eigenschaften der Phytinsäure von besonderer Bedeutung?

  • In Industrieländern mit Zivilisationskrankheiten: Krebs, erhöhte Blutfette, Diabetes, Verkalkungsproblematik, Gicht, Osteoporose, Stress.

Wer von einer dieser Gesundheitsprobleme betroffen ist, profitiert in der Regel von einem regelmäßigen Nuss-Genuss. Eine Handvoll Nüsse senkt zum Beispiel laut Studienergebnissen tatsächlich das Krebsrisiko.

5. Wann macht Einweichen von Nüssen dennoch Sinn?

Für manche Rezepte werden Nüsse eingeweicht, damit sie besser verarbeitet werden können, z.B. um Nussmilch selbst zu mixen, für Smoothies, für manche Desserts. In diesen Fällen sollte das Einweichwasser möglichst mit verwendet werden, um die wasserlöslichen Mineralstoffe und Vitamine zu erhalten.

Auch kann individuell eine bessere Verträglichkeit von eingeweichten Nüssen möglich sein. Aber Vorsicht: eine Nussallergie lässt sich durch Einweichen nicht verhindern!

Foto: Sabine Paul

Fazit: Nüsse einweichen ist überflüssig bis nachteilig

Das Einweichen von Nüssen ist normalerweise nicht vorteilhaft und auch nicht notwendig, denn die Phytinsäure wird dadurch nicht entfernt und der Keimungsprozess der Nüsse wird durch Einweichen aus verschiedenen Gründen so gut wie nie in Gang gesetzt.

Wer einen Nährstoffmangel im Bereich Zink, Eisen, Magnesium, Calcium hat – oder sich vegan/vegetarisch mit hohem Phytinsäuregehalt (Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten) und fehlender Fleischquelle ernährt – sollte daher den Nussverzehr reduzieren statt Nüsse einzuweichen.

Das Einweichen hat sogar Nachteile wie den Verlust wasserlöslicher Vitamine und Mineralstoffe, Verkeimungsgefahr (Vermehrung potenziell krankheiterregener Bakterien im Einweichwasser), teilweise erhöhten Phytinsäuregehalt oder vermehrtes Auftreten von Blähungen bei Mandeln.
Einweichen ist auch nicht geeignet um ein Nussallergierisiko zu senken.

Vor allem in Industrieländern mit einer Mischkost überwiegen die positiven Gesundheitsaspekte der Phytinsäure wie Tumorhemmung, Regulation von Blutzucker und Blutfetten, positive Auswirkung auf Nierensteine und Osteoporose etc.

Uneingeweichte Nüsse sind daher für die meisten Menschen in unseren Breiten, die sich mit Mischkost ernähren, besonders wertvoll, da sie eine gute Nährstoffquelle darstellen und die Phytinsäure sogar als Schutzfaktor vor Krankheiten wirken kann.

Weiterführende Empfehlungen

Viele Praxis-Tipps, Hintergrundinfos und Rezepte finden Sie in den NervenPower-Online-Kursen zum Thema Brainfood:

Zu Brainfood 1 – Powerstart fürs Gehirn: Hier klicken!
Zu Brainfood 2 – Naschen fürs Gehirn: Hier klicken!
Zu Brainfood 3 – Glutenfrei – geniales Brainfood: Hier klicken!
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