Was gibt es Tröstlicheres bei Aufregung, Trauer oder Enttäuschung als die Hand oder Umarmung eines anderen Menschen zu spüren, der mit uns fühlt? Und was ist beflügelnder als ein neckisches Zwicken, anerkennendes Schulterklopfen oder „Abklatschen“ in fröhlichen und erfolgreichen Momenten?

Berührungen gehen buchstäblich unter die Haut und lösen ein Nervenzellfeuerwerk aus. So werden sie zu einem wichtigen Schlüssel für Wohlbefinden und Gesundheit – und gegen Stress.

Warum Sie Ihre „Berührungs-Bilanz“ mal kurz prüfen und vielleicht mit einer der drei folgenden Berührungsarten anheben sollten, erfahren Sie hier:

  • Berührung tut gut: vom Lausen, Knabbermassagen und Streichelautomaten
  • Was lösen Berührungen im Körper aus?
  • Berührungen gegen Stress 1: Menschen
  • Berührungen gegen Stress 2: Tiere
  • Berührungen gegen Stress 3: Pflanzen

Berührung tut gut: vom Lausen, Knabbermassagen und Streichelautomaten

Foto: luxstorm, Pixabay

Ein Blick in die Biologie zeigt, dass soziale Tiere häufigen Körperkontakt suchen. So verwenden Affen, die in Gruppen leben, einen beträchtlichen Teil ihres Tages mit dem Lausen – bis zu zwanzig Prozent! Interessanterweise ist soviel Zeit gar nicht für die Fellpflege notwendig. Es dient zusätzlich der Stärkung der sozialen Beziehungen untereinander. Je mehr Affen in einer Gruppe leben, desto länger wird jeder einzelne Affe gelaust – und die „Lause-Partner“ gehen bei verschiedenen Gelegenheiten wie Kumpel durch dick und dünn. Sie schlagen gemeinsam Feinde in die Flucht und teilen auch ihr Futter.

Schon bei Affen zeigt sich, dass das Lausen auch den Stresslevel reduziert und die Herzschlagfrequenz verringert. Bei anderen sozialen Tieren gibt es weitere spannende Phänomene: Delfine reiben beispielsweise ihre Flossen zur Versöhnung aneinander oder Pferde knabbern wie in einer Massage Hals und Rücken anderer Pferde ab.

Kürzlich war in den sozialen Medien ein Video mit Ziegen zu sehen, die sich begeistert um eine Art Streichelautomat bewegten: ein Gerät, welches eine große Massagebürste hoch- und runterfuhr.

Es scheint ein altes evolutionäres Erbe zu sein, dass körperliche Berührungen den Stress reduzieren, uns beruhigen, bei alltäglichen Widrigkeiten oder großer Trauer trösten, als versöhnliche Gesten nach Konflikten dienen, Freundschaften und Partnerschaften vertiefen und Wohlbefinden bereiten können.

Was lösen Berührungen im Körper aus?

Foto: Pixabay

Werden in der Haut die Rezeptoren für Druck aktiviert, führt dies zur Freisetzung von Botenstoffen. Je nach Art des Druckreizes und der Bewertung (haben wir uns geschnitten oder fassen wir an ein rettendes Seil, berührt uns ein Fremder oder Freund,…?) löst dies entweder die Ausschüttung von „Glückshormonen“ wie Endorphinen, dem „Kuschelhormon“ Oxytocin – oder von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol aus. Wird die Berührung positiv wahrgenommen, sinkt der Blutdruck und das Stresshormon Cortisol verringert sich. Ängste und Schmerzen werden nicht mehr so stark empfunden. Eine angenehm empfundene Berührung kann stärker wirken als ein Medikament.

Berührungen reduzieren also Stress, steigern das Wohlbefinden und sind, wie unten zu sehen ist, gut für die Gesundheit.

Kennen Sie schon alle drei Arten von Berührungen, die „unter die Haut“ gehen und uns in vielen alltäglichen oder kritischen Situationen wieder ins Gleichgewicht bringen? Zwei davon funktionieren sogar, wenn kein anderer Mensch in der Nähe ist.

Berührungen gegen Stress 1: Menschen

Foto: Pixabay

Die Bedeutung von Berührungen zieht sich vom Lebensstart bis Lebensende und hat tägliche Relevanz. Hier einige Beispiele, wie Berührungen stressreiche Situationen lindern:

  • Für Frühgeborene, Säuglinge und Kinder sind Berührungen lebenswichtig für eine gesunde Entwicklung. Berührungen prägen die Emotionen und das Verhalten von Anfang an.
  • Moderne Partnerschafts-Stolperfallen: Die Singleraten steigen, immer mehr Paare führen Fernbeziehungen – und damit verringern sich statistisch die Gelegenheiten für tägliche Berührungen. Gerade dann sind Umarmungen unter Freunden und mit Familienmitgliedern von besonderer Bedeutung. Manche nutzen auch Kuschelpartys, ausgelegt auf achtsame Berührung.
  • Wer sich gegen Erkältungsviren wappnen und das Immunsystem stärken will, kann sich an Studienteilnehmern orientieren, die seltener Schnupfen bekommen, wenn sie zuvor oft in den Arm genommen wurden.
  • Risikofaktor Alter: Mit zunehmendem Alter nehmen die Berührungsmomente oft ab – Paare fassen sich weniger an, Partner trennen sich oder ein Partner stirbt. Nicht wenige ältere Menschen leben dann fast ohne tägliche Berührung. Der Freundes- und Bekanntenkreis wird dann besonders wichtig.
  • Bei Demenz scheinen Berührungen positive Effekte zu haben.
  • Schwierig können Berührungen sein, wenn Menschen von einer Hautkrankheit wie Neurodermitis, Schuppenflechte (Psoriasis), Ekzemen oder Akne betroffen sind. Meist gehen sie dann Berührungen dieser Hautstellen oder sogar insgesamt aus dem Weg. Aber gerade in solchen schwierigen Situationen wären Berührungen ein nützliches und natürliches Mittel, um Entzündungen und Stresshormone einzudämmen.
  • Inzwischen gibt es Ansätze, Lernangst in der Klasse durch kurze Berührungen durch die Lehrkraft zu reduzieren – und in der Psychotherapie, wo Körperkontakt bislang ein no-go war, kommt das alte Dogma ins Schwanken. Berührung tut der Seele gut.
  • Die kontakt- und berührungsfreudigen Mediterranen: Haben Lebensfreude und Lebendigkeit der Menschen aus mediterranen und „südlichen“ Ländern damit etwas zu tun, dass sie sich häufig berühren? Spannend ist es schon, dass sich in einer Studie Paare in Cafés in Puerto Rico 180-mal pro Stunde berührten, in Großbritannien kein einziges Mal…
  • Berührung bis zur Ekstase: Ja und dann gibt es noch die Berührungen, die die Bindung zwischen Partnern steigern, oder kleine flüchtige Kontakte, die Lust auf mehr machen, das Knistern in die Luft bringen und schließlich den ekstatischen Körperkontakt bei gutem Sex. Mit purem Anti-Stress-Effekt.
    Tipp: Der Blog „bonjouramour“ verführt mit wunderbaren Kurzgeschichten: https://bonjouramour.blog

Berührungen gegen Stress 2: Tiere

Foto: Pixabay

Die meisten Kinder wünschen sich ein Haustier mit Fell – ein Tier zum Streicheln, Kuscheln, Kopf hineinlegen. Wenn das nicht geht, muss zumindest ein Kuscheltier her.
Für viele Menschen ist das Streicheln des Hundes oder das Schnurren der Katze Enspannung pur – zum Feierabend, am Wochenende und immer mehr auch, wenn der Bürohund für eine entspannte Arbeitsatmosphäre sorgt. So ist es kein Wunder, dass etwa 30 Millionen Haustiere in Deutschland leben.

Der Beruhigungseffekt und positive Wirkungen auf den Gesundheitszustand werden auch indirekt oder direkt in der Therapie genutzt. Patienten mit Haustieren sind weniger gestresst, als solche ohne Haustiere. Die Prognosen von Krebspatienten mit Haustieren sind günstiger, der Verbrauch von Antidepressiva kann sich verringern, der Aufenthalt in Versorgungseinrichtungen fühlt sich besser an – es soll sogar Koma-Patienten geben, die auf die Anwesenheit ihres Haustiers reagieren. Der „Therapiehund“ wurde schon von Sigmund Freud genutzt und heute bekommen traumatisierte oder autistische Kinder und Jugendliche über die nonverbale Kommunikation mit einem Tier neue Möglichkeiten des Zugangs zu ihren Emotionen.

Tipp: Es muss nicht das eigene Haustier sein. Wie wäre es mit einem „wöchentlichen Adoptivhund“, einem „Meerschweinchenpaar am Wochenende“ oder einer „Ferienkatze“? Die Tiere von Nachbarn oder Bekannten zeitweise aufzunehmen oder einmal in der Woche mit ihnen spazieren zu gehen kann schon einen sehr großen Unterschied für den eigenen Stresslevel machen.

Berührungen gegen Stress 3: Pflanzen

Foto: Sabine Paul

Während Berührungen durch Menschen oder das Streicheln von Tieren für die meisten als Anti-Stress-Strategie eingängig sind, denken die wenigsten an einen Kontakt mit Pflanzen.

Aktuell kommt die japanische Anti-Stress-Methode „Waldbaden“ (Shinrin Yoku) auch bei uns in Europa an. In Japan ist es eine anerkannte Strategie, die sogar therapeutisch eingesetzt wird. Aber keine Angst, Sie müssen keine Bäume umarmen (können Sie natürlich trotzdem, wenn Sie wollen).

Was Sie stattdessen einmal ausprobieren sollten, ist die Hand an einen Baumstamm zu legen – und darauf für eine halbe oder ganze Minute ruhen zu lassen. Ich war überrascht, wie warm sich die Rinde anfühlt, wie gut die Ruhe tut, wie sich die Stärke und das Alter der Bäume vermitteln…

Tipp: Sie müssen möglicherweise für die Pflanzenberührung gar nicht aus dem Haus. Denn einige Zimmerpflanzen oder grüne Gesellen auf Balkon und Terrasse haben schön anzufühlende Stämme oder Blätter. Mein Favorit sind die Stämme der Flaschenbäume. Fassen Sie mal hin! Nicht umsonst gilt auch das Gärtnern als entspannend.
Noch eine wichtige Info: Die Materialien, die wir anfassen, können Stressreaktionen auslösen – oder auch nicht. Während kaltes Metall für die Ausschüttung zusätzlicher Stresshormone sorgt, können Sie sich bei – möglichst unbehandeltem – Holz auf einen stressfreien Entspannungsmoment freuen. Zeit also darüber nachzudenken, ob nicht das eine oder andere Stück der Arbeitsmaterialien (Stifte, Schreibtischplatten,…) mit Blick auf das Material optimiert werden kann. Es gibt wunderbare Holz-Accessoires fürs Büro.

>Sie möchten mehr erfahren über das Waldbaden gegen Stress – im Wald, Zuhause und im Büro?
Dann schauen Sie doch mal, ob Ihnen der Onlinekurs zusagt und wertvolle Impulse gibt (hier klicken zum Inhalt).

Nun wünsche ich Ihnen viele Anti-Stress- und glückliche Momente, wenn Sie „Hand anlegen“ und Berührungen auf welche angenehme Art auch immer austauschen.