T-Shirt-Aufdruck in einer Schaufensterauslage in Levanto.
Foto: Sabine Paul, www.nerven-power.de

Sie liegen im Bett, das Gedankenkarussell dreht sich und Sie können nicht einschlafen. Alle möglichen inneren Filme laufen ab – und falls Sie in der Nacht wach werden, gelingt das Wiedereinschlafen nicht. Am nächsten Morgen stellen Sie fest: „Ich habe ewig gegrübelt und stundenlang kein Auge zugemacht.“ Aber stimmt das wirklich?

Die Schlafforschung hat dazu etwas sehr Interessantes herausgefunden:
Gedanken in Wachphasen und Einschlafträume ähneln sich so sehr, dass wir sie verwechseln können.

Wir sind dann in unserer subjektiven Wahrnehmung noch wach – schlafen aber bereits und halten die Einschlafträume für unsere Gedanken!

So spannend dieses Forschungsergebnis ist, so wenig lässt es sich normalerweise als Einzelperson ohne Schlaflabor überprüfen. Und so bleiben wir mit dem Problem des Wachliegens emotional allein, damit verstärken sich oft die Schlafprobleme weiter.

Die Geschichte vom Uhrturm in Levanto zeigt, wie mit Hilfe einer Glocke das Phänomen der Einschlafträume letztlich bewusst werden kann – und was das für einen entspannteren Umgang mit Schlafproblemen bedeutet.

Der Uhrturm von Levanto: Wir schlafen mehr, als wir denken

Levanto, eine kleine Küstenstadt in der Nähe von Genua in Italien, hat einen großen Uhrturm. Er schlägt jede Viertelstunde und gibt die Uhrzeit an. Erst hört man die tiefen Glockenschläge für die volle Stunde (z.B. 11 tiefe Schläge um 23 Uhr), dann die hellen Schläge für die Viertelstunden.
Ist man um viertel vor eins in der Nacht noch wach, so erklingen 12 tiefe und 3 hohe Schläge, also 15 Glockenschläge. Für Neuankömmlinge ist das häufige und ausgiebige Glockengetöse in der Nacht sehr gewöhnungsbedürftig und lässt erstmal unruhig schlafen….

Nach der langen Anreise nach Levanto fiel ich abends müde ins Bett, wachte aber in der Nacht wieder auf. Ohne Blick auf den Wecker wusste ich durch die Glockenschläge, dass es gerade halb zwei war. Auch die Glocken um viertel vor zwei, um zwei, um viertel nach zwei und um halb drei konnte ich hören.

Die nächsten Schläge verkündeten: vier Uhr. Wie konnte das sein? War der Uhrturm kaputt?Dann erinnerte ich mich an die Ergebnisse der Schlafforschung: Obwohl mein Gehirn scheinbar weiter mit den gleichen Gedanken beschäftigt und wach war, war ich tatsächlich gegen halb drei von der Wach- in eine Schlafphase abgeglitten und wurde erst 90 Minuten später wieder wach.
Das bedeutete: Ich hatte einen vollen Schlafzyklus durchlaufen – aber gleichzeitig das Gefühl, in dieser Zeit nicht geschlafen, sondern weiter wach gelegen zu haben!

Die Glocken hatten mir vor Ort bewusst gemacht, dass die scheinbare Schlaflosigkeit über zweieinhalb Stunden real „nur“ ein Wachliegen von einer Stunde gewesen war. Ich hatte anderthalb Stunden länger geschlafen, als ich sonst „geschworen“ hätte. Mein Schlafdefizit war also geringer als angenommen.

Zum ersten Mal konnte ich – Dank der viertelstündlichen Glockenschläge in Levanto – wirklich nachvollziehen, dass das Phänomen der Einschlafträume, die mit einem Wachzustand verwechselt werden, existiert. Sehr spannend – und sehr erleichternd.

Der Uhrturm von Levanto
Foto: Sabine Paul, www.nerven-power.de

Die Bedeutung der Einschlafträume bei Schlafproblemen

Ursprünglich ging man in der Schlafforschung davon aus, dass wir nur in den REM-Phasen des Schlafs träumen. Diese Phasen sind durch schnelle Augenbewegungen (rapid eye movement = REM) gekennzeichnet und wir verarbeiten in ihnen emotionale Aspekte der Tagesereignisse. An solche Träume erinnern wir uns meist gut.

Später wurde bekannt, dass wir auch in den Nicht-REM-Phasen des Schlafs träumen, uns aber daran so gut wie nie erinnern.

Auch die Einschlafphase ist eine Nicht-REM-Phase. Sie hat eine weitere Besonderheit:
Die Träume in der Einschlafphase sind von Gedanken im Wachzustand nicht gut zu unterscheiden. Es findet für uns ein nicht direkt wahrnehmbarer Übergang vom Wach- in den Schlafzustand statt – wir nehmen sozusagen unsere Gedanken aus dem Wachzustand in die erste Traumsequenz beim Einschlafen mit.

Die gute Nachricht ist also, dass wir wesentlich mehr schlafen, als wir wahrnehmen. Mit diesem Wissen lässt sich auch entspannter mit „schlaflosen“ Nächten umgehen. Denn das Schlafdefizit ist meist nicht so groß, wie wir meinen.

Diese Erkenntnis ist deshalb so wichtig, weil wir uns bei Schlafproblemen oft immer weiter selbst unter Druck setzen und so in eine Schlecht-Schlafen-Spirale rutschen. Je angespannter wir wegen eines (vermeintlichen) Schlafmangels sind, desto schwerer fällt in der nächsten Nacht das Einschlafen und Durchschlafen. Ein Teufelskreis beginnt.

Ein Weg daraus hinaus kann das Bewusstsein sein, mehr zu schlafen als man denkt und wahrnimmt – und sich dadurch von Schlafdefizit-Grübeleien zu befreien.

Bleiben Sie in der „Wachphase“ ruhig, schauen Sie möglichst nicht auf die Uhr und genießen Sie es einfach, im Bett zu liegen. Richten Sie Ihre Gedanken bewusst auf positive Erlebnisse oder Erinnerungen. Der Schlaf kommt (meist nicht wahrnehmbar) von allein. Je entspannter und positiver Sie sind, desto schneller.

Foto: Pixabay

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