Wo gehobelt wird, fallen viele Späne. Auf unseren Körper übertragen bedeutet dies: Sehr aktive Zellen produzieren aggressive Moleküle, die sie selbst und andere Zellen schädigen können. Die biologische Lösung: Schutzmoleküle, die diese „freien Radikale“ abfangen und neutralisieren. Das können wir uns zunutze machen, um Nervenzellen und Immunzellen zu stärken.

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • Warum wir Schutzmoleküle benötigen und was Antioxidanzien mit Nervenstärke, fittem Immunsystem und Anti-Aging zu tun haben
  • Was der ORAC-Wert über den Schutz unserer Körperzellen aussagt
  • Wie Sie ohne ORAC-Tabelle Nahrungsmittel mit hohem Schutzpotenzial erkennen
  • Wie Sie durch cleveren Austausch von Nahrungsmitteln Ihren Zellschutz steigern

Wie wilde Moleküle entstehen, was sie anrichten und wie sie gebändigt werden

Zellen, die sich stark teilen, haben einen sehr aktiven Stoffwechsel. Dazu zählen zum Beispiel Hautzellen, Haarfolikel, aber auch Immunzellen, wenn eine Infektion vorliegt. Aber auch Nervenzellen, die bei Höchstleistung oder unter Stress, mit vielen Neurotransmittern „feuern“, um schnell Informationen weiterzuleiten sind hoch aktiv.

In jeder Zelle mit hoher Aktivität entstehen aggressive Sauerstoffmoleküle oder organische Verbindungen, die Sauerstoff enthalten. Sie werden „freie Radikale“ genannt. Ihre Besonderheit: Sie haben ungepaarte Elektronen – und reagieren daher schnell mit anderen Molekülen, um ihnen Elektronen zu „entreißen“. Dabei entstehen neue Radikale, es kommt zu einer Kettenreaktion und dem sogenannten „oxidativen Stress“.

Zusätzlich zur zelleigenen Produktion von freien Radikalen können auch Außenfaktoren zu ihrer Bildung führen: Rauchen, UV-Strahlung, starke körperliche Arbeit und intensiver Sport, Schadstoffe wie Schwermetalle.

Die Folge: Durch das Entreißen der Elektronen aus Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten in den Zellmembranen und Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) – und sogar der Erbsubstanz – werden die Zellen geschädigt. Auch komplexere Gebilde wie das Bindegewebe wird durch Schäden am Kollagen oder Elastin instabiler. Die Lebenszeit der Zellen wird verkürzt, wir altern schneller. Das Risiko für Erkrankungen steigt: durch Blutgefäßschäden für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, durch Zellschäden für Krebsentstehung. Schäden an Zellen des Auges führen zu Verlust von Sehkraft, das Immunsystem wird durch Schädigung seiner Zellen geschwächt, es kann zu Entzündungen, Störungen des Immunsystems und sogar Autoimmunerkrankungen kommen. Im Gehirn leiden bei Stress und durch vorzeitige Alterung vor allem die Nervenzellen im Gedächtniszentrum und können absterben – es kommt buchstäblich zu „Gedächtnislücken“.

Foto: 79736145, www.123rf.com

Warum bildet der Körper solche aggressiven Moleküle? Sie helfen bei der Immunabwehr gegen Bakterien und Viren. Sie leiten auch den programmierten Zelltod von alten oder geschädigten Körperzellen ein, die sonst möglicherweise zu Krebszellen würden.


Der Körper ist daher ständig bemüht, die Balance zwischen notwendigen Mengen an freien Radikalen und dem Abfangen zu vieler freier Radikale zu erhalten. Dabei helfen sogenannte Antioxidanzien, die die freien Radikale neutralisieren und damit als Schutzmoleküle wirken.

In Stressphasen, bei Infektionskrankheiten und hoher körperlicher oder geistiger Anstrengung, kann das Gleichgewicht kippen und ein Zuviel an freien Radikalen den Körper schwächen. Vor allem dann, wird es notwendig, den Körper mit der Zufuhr von Antioxidanzien, wie die Schutzmoleküle genannt werden, aus der Nahrung zu unterstützen.

ORAC-Werte: Anhaltspunkte für das Schutzpotenzial von Nahrungsmitteln

Verschiedene Moleküle wirken in Lebensmitteln antioxidativ. Meist sind es sekundäre Pflanzenstoffe (Phytamine):

  • Anthocyane (klingt gefährlich, ist aber harmlos – sie geben zum Beispiel Rotwein seine rote Farbe),
  • Lycopin,

aber auch Vitamine wie Vitamin C.

Diese Moleküle haben unterschiedlich starke antioxidative Wirkung. Das macht Vergleiche schwierig. Als übergreifende Messgröße wird daher der ORAC-Wert verwendet. Er ermöglicht einen Vergleich verschiedener Nahrungsmittel mit unterschiedlichen Antioxidantien in ihrer Gesamtwirkung.

ORAC ist die Abkürzung für „Ocygen Radical Absorbance Capacity“, also die Fähigkeit, Sauerstoffradikale (freie Radikale) abzufangen bzw. die antioxidative Kapazität und damit Schutzwirkung eines Nahrungsmittels.
Der Referenzwert (Vergleichswert) ist ein Vitamin-E-Abkömmling, Trolox. Die Maßeinheit ist daher Trolox-Äquivalent (Trolox Equivalent = TE) pro Volumen- oder Gewichtseinheit einer Probe, z.B. µg TE/100 g oder µg TE/ml.

Foto: Pexels

Typische Nahrungsmittel mit hohen ORAC-Werten sind bestimmte Früchte (vor allem Beeren), aber auch einige Nüsse und Gewürze.

Was gibt es zu beachten?

  • ORAC-Werte sind untereinander vergleichbar.
  • ORAC-Werte werden im Reagenzglas ermittelt, d.h. sie sind nicht 1:1 übertragbar auf die Prozesse im Körper. Gelegentlich werden ORAC-analoge Messungen daher an Zellkulturen durchgeführt und als „zelluläre antioxidative Aktivität (CAA)“ angegeben.
  • ORAC-Werte geben einen guten Anhaltspunkt, welche Nahrungsmittel ein hohes Schutzpotenzial haben. Man kann davon ausgehen, dass ein höherer ORAC-Wert eine höhere Schutzwirkung hat.

Welche Effekte sind zu erwarten, wenn die persönliche Nahrung viele Nahrungsmittel mit hohen ORAC-Werten enthält, d.h. regelmäßig viele Schutzmoleküle gegessen werden? Grundsätzlich führt es zu aktiveren Zellen, die länger ihre Funktion erhalten und auch steigern können. Das macht sich beispielsweise bemerkbar mit

  • einem stärkeren Immunsystem, d.h. weniger Erkältungen, Grippe und/oder schwächere Verläufe
  • einem stärkeren Nervenkostüm, d.h. mehr Stress-Resistenz
  • Schutz der Blutgefäßzellen – und damit verbesserter Schutz gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • länger ein gut funktionierendes Gedächtnis
  • Anti-Aging-Effekten, denn Haut- und Haarzellen sind länger aktiv, das Bindegewebe bleibt straffer (Vitamin C wird zum Beispiel für ein starkes Kollagengerüst = Bindegewebe benötigt)

Antioxidanzien beim Einkauf erkennen: Intensive Farben für intensiven Schutz

Ein Einkaufskorb voller Lebensmittel mit hohen ORAC-Werten wäre also grandios.

Aber wer möchte schon gerne mit ORAC-Tabellen unter dem Arm einkaufen gehen?

Zum Glück gibt es „verräterische“ Anhaltspunkte, die den Einkauf von Nahrungsmitteln mit einem hohen antioxidativen Potenzial leicht machen. Viele der Schutzmoleküle sind an ihrer intensiven orangen, roten oder violetten Farbe zu erkennen:

Antioxidans Farbe Beispiele
Anthocyane Violett Rote Trauben, Brombeeren, Rotkohl
Lycopin Rot Tomaten, Hagebutte
Beta-Carotin Rot-Gelb Möhren, Kürbis, Mango, Sanddorn, Tomate, Sauerkirsche
Lutein Orange-Gelb Grünkohl, Spinat

Der rot-violette Trick: Gutes gegen Besseres austauschen

Es gibt eine einfache Methode, den Anteil an Schutzmolekülen in der Ernährung noch weiter zu steigern: den Austausch eines Nahrungsmittels gegen eine intensiver rot oder violett gefärbte Variante. Denn der Blick in die ORAC-Tabellen zeigt, dass die Werte meist höher liegen:

 

 

Daraus ergibt sich eine einfache Austauschliste für Nahrungsmittel mit erhöhter Schutzwirkung:

  1. Paprika: eher gelb als grün
  2. Zwiebel: eher rot als weiß
  3. Trauben: eher rot als grün
  4. Blattsalat: rote Varianten statt grüner Varianten bevorzugen
  5. Rotkohl statt Weißkohl wählen
  6. Rote Apfelsorten statt grüner essen
  7. Brombeeranteil statt Himbeeranteil erhöhen
  8. Schwarze Johannisbeeren vor roten Johannisbeeren bevorzugen

Wichtig: Jedes der genannten Nahrungsmittel wirkt auch in der „Basisvariante“ antioxidativ – die farbintensiveren Varianten erhöhen diese Fähigkeit noch weiter. Wer also vor der Gemüse- oder Obstauslage steht und sich entscheiden muss, welche Variante in den Korb kommt, hat hier eine Entscheidungshilfe.

Milchreis, Nerone, Lila Reis; Foto: Sabine Paul

9. Auch für Beilagen gibt es bereits Untersuchungen, die uns zu einer anderen Auswahl verführen können. Bei Reis zeigt sich, dass der ORAC-Wert grundsätzlich steigt, je dunkler der Reis ist (Moko 2014; Ghasemzadeh 2018; Rocchetti 2019).

Aber Achtung: Wildreis (keine echte Reispflanze), obwohl er schwarz ist, wird noch von anderen, (echten) Reisvarianten übertroffen, insbesondere von den Sorten

  • „Nerone“, ein schwarzer Vollkornreis und
  • „Lila Reis“, auch „Thai Hom Nin“ oder „Sticky Rice“ genannt, der aus dem Norden von Thailand stammt.

Zum Vergleich:

  • Wildreis: ORAC 3.181
  • Nerone: ORAC 7.227
  • Lila Reis: ORAC 11.782

Daraus ergibt sich eine weitere Austauschmöglichkeit: Weißen Reis, Naturreis oder Wildreis durch Nerone oder Lila Reis ersetzen.

Ich liebe Nerone mit seinem feinen Aroma. Er bleibt körnig und ist eine köstliche Beilage für Hauptgerichte oder Zugabe zu einem Blattsalat. Wichtig ist die Qualität und der Blick darauf, dass es sich nicht um irgendeinen schwarzen Reis handeln sollte, sondern tatsächlich um „Nerone“.

Der Lila Reis ist ein Klebreis, daher gut für Desserts geeignet oder für die Thaiküche, um Gemüsesaucen aufzunehmen.

Verantwortlich für die hohen ORAC-Werte sind bei diesen Reissorten die violetten Anthocyane.

Zum Abschluss noch eine Inspiration, wie die Effekte zusätzlich kombiniert werden können:
Durch farbintensive Gerichte:

  • Lila Reis als Füllung in einer gelben Paprika
  • Gelber Paprikasalat mit roten Zwiebeln
  • Spinatsalat mit roten Trauben
  • Abgekühlter Nerone-Reis in einer Salatschüssel mit Lollo Rosso und Tomaten
  • Milchreis aus Lila Reis (und mit Kokosmilch statt Milch oder Wasser) mit Mangopüree

Viel Freude beim farbintensiven Einkauf, guten Appetit, starke Nerven und ein starkes Immunsystem!

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