35 Grad – und das Thermometer klettert weiter in die Höhe. Da wünscht man sich nur noch Erfrischung, Entspannung – und einen kühlen Kopf.
Aber was tun, wenn das viele Wasser als Getränk langweilig wird, Kaffee und Tee in großen Mengen zu viel Koffein haben und Fruchtsaftschorlen zu Hüftgold führen?

Wie wäre es mit einem „Cold Brew“? Dabei wird ein leckerer Kaffee oder köstlicher Tee nicht mit heißem Wasser zubereitet, sondern durch langes Ziehen in kaltem Wasser „gebraut“.

In diesem Artikel erfahren Sie:

  • was „Cold Brew“ ist,
  • warum für Cold Brew gerade Grüntee perfekt geeignet ist – auch für Nicht-Grünteetrinker,
  • welche Wirkung das L-Theanin in Tee hat – und warum man es über Tee und nicht isoliert aufnehmen sollte,
  • wie man einen köstlichen Cold Brew mit Grüntee macht, was man dabei unbedingt vermeiden sollte und Praxis-Tipps,
  • warum Grüntee, auch in Form von Cold Brew, ein köstliches und natürliches Gehirndoping ist, für mehr Konzentration, ein besseres Gedächtnis, gegen Stress, Angst, depressive Verstimmungen, für Büroarbeiter, Kinder und auch abends.

Was ist Cold Brew – und warum gibt es diesen Trend?

„Cold Brew“, also „kalt Gebrühtes“ ist ein Getränk, das mit kaltem oder raumtemperiertem Wasser zubereitet wird. Eigentlich ein Widerspruch in sich, denn zum Brühen wird heißes Wasser benötigt. Es geht aber auch anders – als „kalte Extraktion“: bei uns als neuer Trend vor allem aus Kaffee, zunehmend aber auch aus Tee und kaltem Wasser zubereitet.

Cold Brews haben sehr feine Aromen, enthalten nur wenige Bitterstoffe und Koffein, dafür viele Polyphenole – Schutzmoleküle für den Körper und die Nervenzellen, die während der langen Ziehzeit ins Wasser übergehen.

Viele gesundheitliche und praktische Vorteile des Cold Brews sind ausschlaggebend für den neuen Trend:

  • Sehr einfache Zubereitung: Kaffeepulver oder losen Tee in ein Gefäß geben, mit kaltem Wasser auffüllen, ziehen lassen – fertig.
  • Praktisch zum Mitnehmen für Reise, Büro, Picknick etc.: Kann auch ohne Küche bzw. Wasserkocher oder Kühlschrank unterwegs genossen werden.
  • Deutlich weniger Koffein: Dadurch kann ein Cold Brew auch von koffeinempfindlichen Menschen am Nachmittag und Abend getrunken werden und ist als Tee auch für Kinder und für größere Trinkmengen geeignet – ein besonderes Plus, gerade wenn es draußen heiß ist.
  • Reich an Polyphenolen: Diese antioxidativen Moleküle stärken das Immunsystem und sind ein ausgezeichneter Stress-Schutzschild!
  • Volle Zuckerkontrolle: Im Gegensatz zu gekauftem Eistee oder Eiskaffee: ohne Zucker bzw. die Zuckermenge kann individuell gewählt werden.
  • Neue Geschmackswelten: Kaffee und Tee einmal anders – mit aromatisch-mildem Geschmack.

Kaltwassertee – Trend aus Asien, auch für Nicht-Grünteetrinker

Ein Kaltaufguss mit Tee ist in Europa bislang noch nicht sehr verbreitet, in asiatischen Ländern aber schon lange etabliert. Grundsätzlich sind alle echten Tees (keine Kräuter- oder Früchtetees) für einen Cold Brew geeignet: Schwarztee, Oolong, besonders aber grüner Tee. In Japan wird der „Kaltwassertee“ auch Mizudashi-Tee genannt.

Was sind die Vorteile eines Grüntees als Cold Brew?

  • Zarter, fast süßlicher Geschmack, so dass auch Menschen, denen Grüntee sonst zu herb ist, gerne zu einem Glas Cold Brew-Grüntee greifen.
  • Hitzeempfindliches Vitamin C der Grünteeblätter bleibt besser erhalten.
  • Grüntee enthält besonders viel nervenstärkendes L-Theanin (weiter unten dazu mehr).
    • In Kaffee ist kein L-Theanin enthalten.
    • In Schwarztee ist der Gehalt aufgrund der Trocknung und Oxidation geringer.
    • L-Theanin ist hitzeempfindlich – bei einer Teezubereitung mit nicht erhitztem Wasser bleibt daher mehr L-Theanin verfügbar.

Das Geheimnis für Entspannung, bessere Gehirnleistung und Körperfunktionen: L-Theanin

Eine der Hauptkomponenten in Teeblättern ist die Aminosäure L-Theanin. Sie macht ca. 4-6% des Trockengewichts aus und gilt als Nootropikum, also als Verbesserer der Gehirnfunktionen. L-Theanin ist unter anderem für den Geschmack des Tees verantwortlich und wird in den Wurzeln der Teepflanze (Camellia sinensis) gebildet, dann in die Teeblätter transportiert und dort angereichert.

L-Theanin ist verantwortlich für viele gesundheits- und gehirnförderliche Funktionen, wie in Tierstudien aber auch Studien bei Menschen ermittelt wurde:

Wie wirkt Theanin auf das Nervensystem?

  • Stresslindernd
  • Wirkt Müdigkeit entgegen, steigert entspannte Wachheit (in Kombination mit Koffein, wie in Teeblättern enthalten)
  • Wirkt entspannend
  • Verbesserung der Aufmerksamkeit (Konzentration)
  • Verbesserung des Gedächtnisses, Aktivierung des Arbeitsgedächtnisses, schnellere Reaktion, weniger Fehler (in Kombination mit Koffein, wie in Teeblättern enthalten)
  • Angstlindernd
  • Stimmungsaufhellend, antidepressiv, durch Wirkung auf die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (Stressachse), Neuroplastizität, Reduktion von Entzündungen, Ausbalancieren der Neurotransmittersysteme und des Mikrobioms, sowie der Interaktionen über die Darm-Hirn-Achse
  • Verbesserung des Schlafs
  • Schutz der Nervenzellen, vermutlich durch die strukturelle Ähnlichkeit mit Glutamat, einem wichtigen Neurotransmitter im Gehirn
  • Potenzial, die pathophysiologischen Veränderungen bei der Parkinsonkrankheit abzuschwächen, aufgrund der antioxidativen und antientzündlichen Eigenschaften, Einfluss auf motorische Anormalitäten, verbesserter Dopaminverfügbarkeit und Schutzfunktion für die Nervenzellen

Wie wirkt Theanin auf andere Körperfunktionen?

  • Anti-Tumor-Effekte
  • Anti-diabetischeEffekte
  • Schutz von Herz und Gefäßen (kardiovaskuläre Effekte)
  • Schutz der Lebergegen alkoholbedingte Schäden
  • Verbessert das Immunsystem und wirkt gegen Viren


Wie schnell und wann wirkt Theanin?

L-Theanin erreicht die höchste Konzentration im Blutplasma etwa eine dreiviertel Stunde nach dem Genuss von Grüntee, passiert die Blut-Hirn-Schranke und interagiert dort mit verschiedenen Strukturen der Nervenzellen.

Wie lange wirkt Theanin?

Theanin hat eine Halbwertszeit von etwa einer Stunde, d.h. jede Stunde halbiert sich die aufgenommene Menge im Blut durch Abbauprozesse.

Aufgepasst!

Das wirksamere Isomer stammt aus Tee

Theanin ist ein chirales Molekül, d.h. es gibt die Isomere L-Theanin und D-Theanin. In Teeblättern kommt nur L-Theanin vor. Synthetische Theanin-Produkte enthalten in der Regel beide Isomere. Der Körper reagiert sehr unterschiedlich auf diese beiden Formen. L-Theanin wird deutlich besser ins Blut aufgenommen, langsamer abgebaut und langsamer über den Urin ausgeschieden als D-Theanin. L-Theanin hat also eine bessere physiologische Wirkung. Ein Produkt, welches neben L-Theanin auch D-Theanin enthält, entfaltet daher weniger physiologische Wirkung als Teeblätter, die ausschließlich L-Theanin einlagern.

Die gesundheits- und gehirnförderlichen Effekte des Tees sind auf L-Theanin und auch auf seine Interaktion mit anderen Substanzen der Teeblätter wie Koffein und EGCG zurückzuführen. So machen sich die positiven Effekte auf die Gehirnleistung vor allem in der Kombination von Koffein und L-Theanin bemerkbar – gibt man die Substanzen einzeln, so haben sie einen geringeren Effekt. Dies spricht dafür, dass die Wirkung von L-Theanin in seiner natürlichen Form, d.h. über Teeblätter, am besten ist.

Milch inaktiviert L-Theanin

Auch wenn kaum jemand Milch in einen Grüntee bzw. kalt aufgebrühten Tee gibt – es ist tatsächlich nicht empfehlenswert. Denn die Milchbestandteile verringern die antioxidativen Eigenschaften des Tees und bei mehr als 50 ml pro Teetasse (200 ml) auch die Konzentration des verfügbaren L-Theanins.

Meine Empfehlung

Greifen Sie zu echtem (Grün-)Tee statt zu Theanin-Produkten – denn so ist die physiologische Wirkung besser, und auch der Geschmack übertrifft Theanin-Pulver oder Theanin-Kapseln. Wem die Aromen zu herb sind, hat mit einem Cold Brew die mildere Variante als Alternative.

>> Schon gewusst?
L-Theanin ist fast ausschließlich in Tee zu finden.
Aber auch im Maronenröhrlig. Dieser Pilz, auch als “Marone” oder “Braunkappe“ (Boletus badius) bekannt, ist ein ausgezeichneter Speisepilz.

Wenn Sie mehr zur besonderen Wirkung von Pilzen auf das Gehirn erfahren möchten, empfehle ich Ihnen das E-Book „Pilze: Superfoods fürs Gehirn“ (hier klicken).

So macht man Cold Brew mit grünem Tee

„Abwarten und Tee trinken“ gewinnt als Sprichwort im Zusammenhang mit Cold Brew eine neue Bedeutung.

Zubereitung:

  • 1-2 TL eines sehr guten Tees pro Liter kaltem Wasser in eine Karaffe oder Flasche geben und bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank ziehen lassen. Mindestziehzeit bei Raumtemperatur: 30 min, Mindestziehzeit im Kühlschrank: 2 Stunden. Noch aromatischer wird der kalte Tee, wenn er 6 bis 12 Stunden bzw. über Nacht zieht.
  • Praxis-Tipp: Viele Teeverkäufer empfehlen eine größere Menge Teeblätter (bis zu 12 Gramm pro Liter). Letztlich ist die verwendete Teemenge natürlich Geschmackssache – aber ein Teehändlerpaar (sie war Japanerin) gab mir einmal die Empfehlung, hochwertigen Grüntee in sehr geringer Menge zu verwenden. Und dieser Rat schmeckt mir bis heute bestens. Ich verwende von einem hochwertigen japanischen Grüntee einen dreiviertel Teelöffel pro Liter Wasser bei einem Cold Brew (heiß aufgegossen noch weniger Tee).
  • Vor dem Trinken wird der Tee über ein Teesieb abgegossen (auch gleich direkt in eine Tasse). Nach Belieben kann er auch über Eiswürfel in ein Glas gegossen werden.
  • Praxis-Tipp: Aus Japan stammen spezielle Flaschen mit integriertem Filter, die Mizudashi-Flaschen. Sie sind inzwischen auch hier bei verschiedenen Teehändlern erhältlich. Damit ist das Ausgießen in eine Tasse unterwegs oder im Büro ein Kinderspiel.
  • Genuss-Tipp: Sie können dem Cold Brew auch frische Bio-Zitronenscheiben oder Bio-Ingwerscheiben zugeben (Bio, damit keine Pestizide während der langen Ziehzeit ins Teewasser übergehen).

Haltbarkeit

  • Im Kühlschrank hält sich der Cold Brew 1-2 Tage.

Darauf sollten Sie achten

Entscheidend ist die Tee-Qualität.
Ich habe verschiedene Teequalitäten ausprobiert. Bei meinen Tee-Versuchen war unter anderem ein Supermarkt-Grünteerest dabei, der von einer Reise stammte. Der Geschmack als Cold Brew: wie nasses Heu. Da vergehen einem der Appetit und Durst ganz schnell.
Ganz anders war es bei einem hochwertigen japanischen Grüntee. Die feinen Aromen verwöhnten die Zunge mit wunderbaren Nuancen.

Das Anbauland ist nicht so entscheidend. Probieren Sie doch mal Grüntee aus Japan, China oder Südkorea im Vergleich. Viel Freude!

Und nun viel Genuss und Gehirnenergie mit Ihrem Grüntee – heiß, lauwarm oder als Cold Brew – entspanntes und fokussiertes Arbeiten und erfrischende Sommertage.

Quellen:

  • Deb, S., et al. 2019. Neuroprotective attributes of L-theanine, a bioactive amino acid of tea, and its potential role in Parkinson’s disease therapeutics. Neurochem. Int. 129:104478
  • Liang, Y., et al. 2015. Health Benefits of Theanine in Green Tea: A Review. Tropical Journal of Pharmaceutical Research 14(10): 1943-1949
  • Mancini, E., et al. 2017. Green tea effects on cognition, mood and human brain function: A systematic review. 34:26-37
  • Rothenberg, D. O., et al. 2019. Mechanisms Underlying the Anti-Depressive Effects of Regular Tea Consumption. Nutrients 11(6):1361

Titelfoto: Pixabay

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