Die Suche nach alternativen Süßungsmitteln, die unserem Körper besser bekommen als Haushaltszucker, boomt. Aktuell im Gespräch ist: Galaktose. Sie soll auch positiv auf das Gehirn wirken.
Kann Galaktose tatsächlich ein „Brainfood“ sein, das die mentale Leistungsfähigkeit unterstützt? Oder birgt sie Risiken? Ein Blick auf die aktuelle Forschung lässt Vorsicht aufkommen.
In diesem Artikel erfahren Sie:
- Was ist Galaktose (Galactose)?
- Warum Galaktose als Zucker interessant erscheint
- Warum der Umstieg auf Galaktose wahrscheinlich keine gute Idee ist
- Empfehlungen für die Verwendung von Galaktose
1. Was ist Galaktose (Galactose)?
Galaktose ist ein Einfachzucker (Monosaccharid). Im wissenschaftlichen Kontext wird sie auch „Galactose“ geschrieben, umgangssprachlich oft „Schleimzucker“ genannt.
Galaktose kommt natürlicherweise in Milch und Milchprodukten als Bestandteil des Milchzuckers (Laktose) vor. Milchzucker ist ein Zweifachzucker:
Glukose (Traubenzucker) + Galaktose (Schleimzucker) = Laktose (Milchzucker).
Der menschliche Körper nutzt Galaktose zur Gewinnung von Energie – vor allem Säuglinge verwenden Galaktose aus der Muttermilch als Energiequelle. Aber auch alle Menschen, die als Jugendliche oder Erwachsene Milch bzw. Milchprodukte zu sich nehmen.
Der Milchzucker wird im Verlauf der Verdauung in seine beiden Einzelzucker aufgespalten. Diese werden im Dünndarm aufgenommen, ins Blut abgegeben und dann zur Leber transportiert. Galaktose wird in der Leber zu Glukose umgewandelt und entweder als Glykogen gespeichert oder als Glukose in den Blutkreislauf abgegeben, damit sie in anderen Körperzellen aufgenommen und in die Stoffwechselprozesse zur Energiegewinnung eingeschleust werden kann.

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2. Warum ist Galaktose als Zucker interessant?
Verschiedene Eigenschaften von Galaktose lassen diesen Zucker im Vergleich mit Haushaltszucker und Glukose zunächst interessant erscheinen:
Wirkungen auf den Blutzucker und im Körper
- Galaktose führt weniger schnell zum Anstieg des Blutzuckerspiegels als Traubenzucker: Nur etwa 20% der aufgenommenen Galaktose sind kurz darauf im Blut als Glukose zu finden. Allerdings sollte hier beachtet werden, dass die übrigen 80% als Glykogen gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt als Glukose mobilisiert und dann erst in den Blutkreislauf abgegeben werden (Gannon 2001).
Das klingt positiv, denn damit wäre der Anstieg des Blutzuckerspiegels nicht so rapide wie bei Glukose. Aber es ist in gewisser Weise ein Selbstbetrug, denn letztlich führt Galaktose doch zu einer Glukosebelastung, die der Körper verarbeiten muss. Galaktose ist KEIN Süßstoff, der keinen Einfluss auf den Zuckerhaushalt hat. Es ist ein Zucker, der durch die Umwandlung in Glukose und Glykogen im Stoffwechsel teilweise direkt nach der Aufnahme oder auch später seine Wirkung entfaltet.
Weiter gedacht: Wer Süßigkeiten mit Galaktose zu sich nimmt, sich aber nicht bewegt („mit der Galaktose-Schoki auf dem Sofa liegen“), wird die zu Glucose und Glykogen umgewandelte Galaktose kaum oder gar nicht verbrennen. Damit werden auf Dauer die Glykogenspeicher der Leber überlastet. Das kann zu Lebervergrößerung und Störung der Leberfunktionen führen. - Galaktose gilt als antioxidativ, d.h. sie könnte dazu beitragen, Zellen zu schützen und somit Körperzellen und Gewebe länger fit zu halten. Das ist eine positive Eigenschaft – aber sie ist nicht spezifisch für Galaktose, sondern auch in vielen anderen Nahrungsmitteln anzutreffen.

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Wirkungen im Gehirn
Die Wirkung von Galaktose im Gehirn erscheint widersprüchlich:
Positiv
- Experimente im Tiermodell zeigen, dass über die Nahrung verabreichte Galaktose im Gehirn als Energiequelle nutzbar ist und in einigen Alzheimer-Tiermodellen positive Effekte auf die kognitiven Fähigkeiten haben kann (Salkovic-Petrisic 2014; Knezović 2018). Daraus wurde abgeleitet, dass für Menschen Galaktose ein wertvoller Zucker ist, der insbesondere bei Alzheimer-Demenz und für die alternative Energieversorgung des Gehirns eine positive Rolle spielen könnte, wenn durch eine Insulinresistenz die sonst verwendete Glukose nicht mehr in die Gehirnzellen gelangt.
Zu beachten ist hier, dass Galaktose normalerweise in der Leber zu Glukose umgewandelt wird. Damit Galaktose im Gehirn ankommt, muss daher deutlich höher dosiert werden als durch die normale Nahrungsaufnahme typisch ist, damit Galaktose im Blut bis zum Gehirn transportiert werden kann.
Negativ
- Galaktose wird häufig in Tiermodellen genutzt, um gezielt Gehirnalterung hervorzurufen, um beispielsweise Medikamente zu testen. Langzeitafnahme von Galaktose verursacht dabei Fehlfunktionen in den Mitochondrien, so dass die Energiegewinnung der Gehirnzellen gestört wird. Zudem sind ein erhöhter oxidativer Stress, Entzündungen, programmierter Zelltod (Apoptose) und eine verringerte Neubildung von Nervenzellen messbar, die zu Gedächtnisverlust und kognitivem Abbau führen (Cui 2006; Shwe 2017; Sadigh-Eteghad 2017).
- Zudem führt eine hohe Galaktose-Menge bei Ratten zu einer verringerten Reaktivität der Serotoninrezeptoren. Dadurch wird weniger Serotonin aufgenommen. Serotonin ist als „Glücksbotenstoff“ und Ausgangssubstanz für die Bildung des Schlafbotenstoffs Melatonin von entscheidender Bedeutung.
Außerdem kam es zu einem Mangel an Gangliosiden, wichtigen Verbindungen in den Zellmembranen der Gehirnzellen, die für die Zellkommunikation wichtig sind (Yandrasitz 1979). Das spricht für eine mögliche Gehirnstörung durch Galaktoseaufnahme.

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Sollten wir jetzt also auf Galaktose als „Zuckerersatz“ umsteigen, oder besser nicht?
Sieht man sich die Studien differenzierter nach der verabreichten Menge und dem Effekt in kurz- und langfristiger Einnahme an, kristallisieren sich wichtige Unterschiede heraus:
- Sowohl oral (mit der Nahrung) als auch subkutan (unter der Haut) verabreichte Galaktose zeigt im Tiermodell bei kurzfristiger Anwendung positive Auswirkungen auf Lernen und Gedächtnis – vermutlich durch antioxidative Wirkung im Gedächtniszentrum (Homolak 2021).
- Diese kurzfristig positive Wirkung geht jedoch bei chronischer Verabreichung verloren (Chogtu 2018) und es werden oxidative Schäden im Gedächtniszentrum schon bei relativ geringen mit der Nahrung verabreichten Mengen beobachtet (Budni 2015). Dies kann die Mitochondrien in den Gehirnzellen schädigen, damit zu einem Energiemangel für die Zellen und zu Entzündungen führen,so dass letztlich die Nervenzellen absterben und ein kognitiver Abbau beschleunigt statt verringert wird.
- Alzheimer-Modelle (Perhoc 2019):
- In Alzheimer-Modellen für sporadische Formen kann im frühen Stadium der Erkrankungeine Verbesserung der Energieversorgung durch orale Gabe von Galaktose erreicht werden. In späteren Phasen der Erkrankung fehlt dieser Effekt.
- In gesunden Kontrollen ohne neurodegenerative Symptomatik verschlechtert die orale Gabe von Galaktose die Gehirngesundheit, wenn Galaktose in der gleichen Dosis verabreicht wird, die bei leichten neurodegenerativen Symptomen günstig wirkt. Der vermutete Mechanismus: Galaktose kann sich in hohen Mengen mit Aminogruppen von Proteinen verbinden und so die Alterungsprozesse beschleunigen.

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Warum der Umstieg von Zucker (Glukose) auf Galaktose wahrscheinlich keine gute Idee ist
Die Sehnsucht nach süßem Genuss ist groß – und gleichzeitig ist das Süßen mit Haushaltszucker nicht optimal. Die Suche nach Alternativen hält an, um den Blutzuckerspiegel nicht zu stark ansteigen zu lassen, das Gewicht in Balance zu halten und die Gehirngesundheit nicht durch zu hohe Blutzuckerspitzen zu stören.
Die Verwendung von Galaktose als Ersatz für die problematische Glukose erscheint zunächst attraktiv, da der Blutzuckeranstieg kurz nach der Aufnahme von Galaktose deutlich geringer ist, Galaktose antioxidative, d.h. zellschützende Eigenschaften, aufweist und bei einigen Alzheimer-Formen im Frühstadium die Energieversorgung im Gehirn verbessern kann.
Sieht man jedoch genauer hin, zeigen sich gravierende Probleme bei der Verwendung von Galaktose:
- Galaktose hat nur deshalb einen geringen Blutzuckeranstieg, da 80% der Galaktose in der Leber zu Glukose verstoffwechselt und dann als Glykogen gespeichert wird. Dieses Glykogen wird zu einem späteren Zeitpunkt wieder in freie Glukose umgewandelt und gelangt so ins Blut – oder überlastet bei fehlender Bewegung die Kohlenhydratspeicher der Leber. Dies kann letztlich zu einer Leberfunktionsstörung führen.
- Galaktose kann zwar als alternative Energiequelle zu Glukose in das Gehirn aufgenommen und verwertet werden – aber außer bei Frühformen einiger Alzheimererkrankungen scheint die Aufnahme von Galaktose in das Gehirn gesunder Organismen, sowie in späteren Stadien der Alzheimererkrankung sogar kontraproduktiv zu sein und Alterungsprozesse und kognitiven Abbau im Gehirn zu beschleunigen.

Abbildung Galaktose: Sabine Paul
Die bisherigen Erkenntnisse zur Wirkung der Galaktose sind im Wesentlichen im Tiermodell erforscht worden. Geht man davon aus, dass sie auf Menschen übertragbar sind, dann hat der Ersatz von Haushaltszucker oder von Glukose durch Galaktose im Alltag der meisten Menschen eher negative Wirkung auf die Körperfunktionen und die Gehirngesundheit. Insbesondere die dauerhafte Verwendung, sowohl in kleineren, insbesondere aber auch in höheren Mengen, könnte zu einer Störung der Leber und zur deutlichen Schädigung der Gehirnzellen führen.
Empfehlungen für die Verwendung von Galaktose
Galaktose ist ein teures Produkt: Sowohl die pure Galaktose, die als Süßungsmittel verwendet werden könnte, als auch damit produzierte Süßigkeiten kosten viel Geld. Lohnt sich das?
Nach aktuellem Forschungsstand ist von der Verwendung von Galaktose als Ersatz für Haushaltszucker oder Glukose eher abzuraten.
Die bislang einzige Verwendung mit positivem Effekt, ist in der Frühphase sporadischer Alzheimer-Erkrankungen, um die Energieversorgung eines insulinresistenten Gehirns zu verbessern. In solchen Fällen ist eine hohe finanzielle Ausgabe sicher sinnvoll. Zu beachten ist jedoch, dass im weiteren Verlauf solcher Alzheimer-Erkrankungen Galaktose den kognitiven Abbau sogar beschleunigen kann.
Sollten Sie mal ein Stück Schokolade oder andere Süßigkeiten mit Galaktose essen, wird dies im Einzelfall keine größeren Probleme verursachen. Als dauerhafter Zuckerersatz ist Galaktose aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf Leber und Gehirn jedoch nicht empfehlenswert. Ebenso wenig ist der regelmäßige Verzehr Galaktose-gesüßter Produkte geeignet. Insbesondere bei Bewegungsmangel kann der „Schuss nach hinten losgehen“.

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NervenPower-Tipps
Statt den Appetit auf Süßes weiter mit Zuckerersatzprodukten zu „pflegen“ ist es sinnvoller, die Zuckeraufnahme generell etwas zu reduzieren:
- Das kann man Schritt-für-Schritt allmählich angehen durch kontinuierliches Absenken der Zuckeraufnahme.
- Auch Bitterstoffe sind dabei sehr hilfreich, da sie die Lust auf Süßes deutlich reduzieren.
In kleinen Mengen ist Zucker unproblematisch für den Körper.
Genießen Sie daher ruhig Ihre KLEINE Portion Süßes, wenn sie mit Kokosblütenzucker, Honig oder anderen körperverträglichen Originalzuckerquellen gesüßt wurde – und genießen Sie bewusst MIT ALLEN SINNEN.
Dann sind auch Weihnachtskekse, etwas Schokolade oder auch mal ein Stück Kuchen völlig in Ordnung. Wenn Sie regelmäßig Bitterstoffe zu sich nehmen, wird die Lust auf die „Süßorgien“ ohnehin nicht sehr ausgeprägt sein.
In diesem Sinne: eine besinnliche Winterzeit, fröhliche und genussvolle Festtage!

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